Eben stolperte ich über ein Interview mit Walter Hollstein auf der Internetseite der Welt, der kritisiert, dass in der Geschlechterpolitik das Hauptgewicht des Interesses bei den Frauen liegt. Den Problemen der Männer, hier nennt er Benachteiligungen in der Bildung, höhere Arbeitslosigkeit und eine kürzere Lebenserwartung, würde mensch kaum Beachtung schenken.
Er kritisiert, dass jahrelang nur ein neues Selbstbildnis der Frau geschaffen wurde, aber keines für die Männer. Daher wären nun 80 Prozent der Frauen FÜR Familie und Karriere, aber nur 25 Prozent der Männer stimmen ihnen da laut Hollstein zu. Der Großteil der Männer schräken nachwievor vor emanzipierten Frauen zurück. Die Gesellschaft hätte nicht genug dafür getan, bei den Männern ein selbstkritisches Bewußtsein zu wecken. Bei 80 Prozent der Frauen und 25 Prozent der Männer, bei welchen die Kampagnen fruchteten, frage ich mich allerdings, welche Gesellschaft er meint. Meiner Meinung nach sind knapp über 50 Prozent einer Bevölkerung keine Gesellschaft. Interessant auch, dass mensch beim Lesen den Eindruck bekommt, die heutigen Männer sind unfähig, allein zu einem solchen geänderten Selbstbild zu kommen. Wer soll ihnen denn dabei helfen? Andere Männer? Oder sollen an dieser Stelle dann auch wieder die Frauen eingreifen? Nachdem sie sich bemüht haben, Ihresgleichen zu einem stärkeren Selbstbewußtsein zu führen, sich aus der jahrtausendalte Unterdrückung der Männer zu befreien, sollen sie das nun auch noch bei den Männern übernehmen? Er scheint sich das so zu überlegen, so sagt er "Die Frauen müssen sich klar sein, dass sie viel Energie einsetzen müssen, um mit ihrem Partner ein zufriedenstellendes Arrangement auszuhandeln", aber auch, "dass viel Energie nicht gleich viel Erfolg bedeutet" und die Frau sich vom Mann emotional erpressen lassen muss, wenn sie Familie gründen will. Wünscht er sich nämlich, dass sie zu Hause bleibt dafür, habe sie nur die Möglichkeit, seinen Wünschen Folge zu leisten oder auf den Kinderwunsch zu verzichten.
Interessant hingegen fand ich die Probleme der Männer. Leider erfährt mensch nicht, wie es zu Benachteiligungen in der Bildung, höhere Arbeitslosigkeit oder einer gesteigerten Suizidrate kommt. Beim Lesen kam es mir vor wie Schlagwortakrobatik.
Apropos Schlagwort. Die Kommentarfunktion bei Welt wurde für jenen Artikel nach 51 Kommentaren geschlossen. Ich habe einen Teil der Kommentare gelesen und wirklich eingegangen ist auf den Artikel keiner. Es scheint, als haben eine Handvoll Männer einfach nur die Chance nutzen wollen, aufzuzeigen, dass Walter Hollstein zumindest Recht hat, wenn er darüber spricht, dass in den Köpfen der Männern ein tief verwurzeltes traditionelles Bild herrscht.
Für meinen Teil fand ich diesen Interview nur interessant, um einmal über die Probleme der Männer nähere Informationen zu suchen und Einblicke in die kaum fundierte Stammtischargumentation zu bekommen. Der Rest bekommt von mir die mentale Notiz: failed.
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