Donnerstag, 18. April 2013

Eugen Ruge - In Zeiten des abnehmenden Lichts

Ich habe mir vor dem Schreiben ein paar andere Rezensionen angesehen, weil ich nach der letzten Seite in einer sehr seltsamen Stimmung war. Vielleicht lag es an diesen kalten, immer wieder kehrenden Winter, der mich grundsätzlich deprimiert, aber es schien mir, als ob es in diesem Buch das Hauptthema der Verfall ist.

Das Buch gibt szenische Einblicke in das Leben einer Familie, bei der ein Ehepaar aus dem mexikanischen Exil in die frisch aus dem Boden gestampfte DDR zurückkommen, deren Sohn aus dem sowjetischen Arbeitslager eine russische Frau mitbringt, dessen Kind wiederum noch 1989 aus der DDR nach Gießen flieht, um sich 2001 infolge einer Krankheit auf die Spuren der Großeltern nach Mexiko aufmacht.

Eugen Ruge beeinduckte mich zutiefst damit, wie gut er sich in die verschiedenen Personen reinversetzen kann. Gerade das Datum 01. Oktober 1989, das für alle Beteiligten ein Schlüsseltag ist, wird aus sämtlichen Perspektiven dargestellt und eröffnet meiner Meinung nach das Können des Hern Ruge. Dieses Wechselspiel zwischen den Personen hab ich sonst nur bei Nick Hornbys "A long way down" derartigig genoßen.
Man sollte einigermaßen fit in der jüngeren deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts sein, wenn man das Buch liest, da das Buch sehr schön darstellt, was die vielen Umbrüche des 20. Jahrhunderts mit den Menschen machte, für sie bedeutete. Die Gespräche drehen sich oft um Politik oder um die Auswirkungen jener.

Das Hin- und Herspringen in der Zeit und aus welcher Sicht erzählt wurde, verwirrte mich am Anfang, aber nach einer Weile fand ich mich gut in das Buch ein und konnte es dann nur noch schwer weglegen. Wie bereits am Anfang erwähnt, hatte ich, je weiter das Buch in die Familie eintauchte, immer mehr das Gefühl, dem Zerfall zuzusehen. Das liegt natürlich an den geschichtlichen Hintergründen und am Älterwerden der Figuren, aber ich fand auch, dass Stück für Stück Hoffnungen absterben, bis nichts mehr bleibt außer dem eigenen Versagen.

Eugen Ruge wurde 1954 in der Soswa, Oblast Swerdlowsk, Sowjetunion geboren. Er ist ein deutscher Schriftsteller, Regisseur und Übersetzer und gewann für "Die Zeiten des abnehmenden Lichtes" 2009 den Alfred Döblin Preis und 2011 den Aspekte-Literaturpreis und den Deutschen Buchpreis.